Unsichtbare Barrieren sichtbar machen: MED-EL fordert kulturelle Teilhabe für Menschen mit Hörverlust

Dez 3, 2025

3. Dezember 2025 – (Innsbruck, Österreich): Kulturelle Teilhabe ist ein Menschenrecht. Das ist nicht nur eine moralische Forderung, sondern völkerrechtlich verankert – etwa in der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland 2009 ratifiziert hat. Doch für Menschen mit Hörverlust bleibt dieses Recht oft Theorie. MED-EL ruft zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember dazu auf, kulturelle Teilhabe für Menschen mit Hörverlust stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken – und die unsichtbaren Barrieren zu erkennen und zu beseitigen, die Menschen mit Hörbeeinträchtigung von Musik, Theater, Lesungen und gesellschaftlichem Leben ausschließen. Barrierefreiheit bedeutet: nicht nur Rampen und Lifte, sondern auch Hörlösungen, die Teilhabe an Klang und Sprache ermöglichen.

  • Kulturelle Teilhabe ist ein Menschenrecht – auch für Menschen mit Hörverlust.
  • Teilhabe braucht mehr als Technik: Bewusstsein, Schulung und politische Rahmenbedingungen.
  • Hörimplantate eröffnen neue Wege zu Musik, Gemeinschaft und Selbstbestimmung.

Auf Einladung von MED-EL fand kürzlich – passend zum Thema – eine Podiumsdiskussion im Haus VIER UND EINZIG in Innsbruck unter dem Motto statt: „Von der Stille zur Bühne – Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Hörverlust“. Mitdiskutiert haben unter anderem Hörimplantat-Nutzer*innen aus Österreich und Deutschland, die Journalistin Marisa Strobel, Chefredakteurin der Fachzeitschrift „Die Schnecke“, Mag. Wolfgang Grünzweig, Behindertenbeauftragter der Stadt Innsbruck, sowie der Tiroler Ernst Tanzer, ehemaliger Bezirksobmann im Blasmusikverband Wipptal Stubai, selbst auch engagierter CI-Nutzer. Auch die langjährigen Hörpaten Heinz Kirchschlager und Hildegard Stoll teilten ihre persönlichen Erfahrungen mit Musik und Hörverlust – und sorgten mit ihren musikalischen Beiträgen für einen stimmungsvollen Rahmen.
Die Podiumsdiskussion war Teil des internationalen Hearpeers-Jubiläumskonzerts, organisiert von MED-EL. Dabei standen Hörimplantat-Nutzer*innen aus verschiedenen Ländern gemeinsam auf der Bühne – ein eindrucksvolles Beispiel für kulturelle Teilhabe in Aktion.

Kulturelle Teilhabe: Mehr als Oper und Theater
Im Gespräch wurde deutlich: Kulturelle Teilhabe darf nicht auf klassische Hochkultur beschränkt bleiben. Auch Bibliotheken, Museen, Lesungen, Stadtteilzentren, Volkshochschulen oder Lesecafés sind wichtige Orte der Begegnung und des Austauschs. Gerade hier können niederschwellige Angebote – etwa mit FM-Systemen (drahtlosen Mikrofonanlagen), Untertiteln oder geschultem Personal – einen großen Unterschied machen. „Viele Menschen mit Hörbehinderung nehmen an Kultur nicht teil, weil sie gar nicht davon ausgehen, dass es für sie Angebote gibt“, sagte Mag. Wolfgang Grünzweig. „Teilhabe heißt: Man kommt einfach und kann teilnehmen – ohne Anmeldung, ohne Hürden.“

Ein besonderer Fokus sollte auf den realen Möglichkeiten und Herausforderungen liegen, sagte Marisa Strobel, Chefredakteurin „Die Schnecke“ – das Magazin ist nicht nur Informationsquelle, sondern aktiver Impulsgeber für Selbsthilfegruppen, die Kultur für Menschen mit Hörverlust erlebbar machen. „Viele Betroffene berichten, dass sie durch ‚Die Schnecke' erstmals von barrierefreien Theaterbesuchen erfuhren, bei denen mobile Hörtechnik zur Verfügung stand.“ Zudem teilte Strobel Tipps aus der Praxis, wie gezielte Platzwahl oder frühzeitige Kommunikation mit Veranstaltern entscheidend für den Genuss von Oper, Kino oder Lesung sind. „Das größte Wissen haben die Nutzer*innen selbst“, sagte Marisa Strobel. „Viele haben durch ihre Hörsysteme mehrere Professionen erworben – sie sind Expert*innen für Technik, Kommunikation und Teilhabe.“ Außerdem konnte die Journalistin positive Beispiele der kulturellen Teilhabe aus Deutschland teilen: In Augsburg zum Beispiel hat das Engagement von Hörimplantat-Nutzer*innen zur Erweiterung hörbarrierefreier Opern- und Theateraufführungen geführt. 

Herausforderungen: Unsichtbare Barrieren im Alltag
Authentische Erkenntnisse lieferten die drei Diskussions-Teilnehmer*innen, die selbst lange Jahre unter Hörverlust litten. Sie berichteten eindrücklich von ihren persönlichen Erfahrungen, wie etwa Cochlea-Implantat (CI)-Nutzer Ernst Tanzer: „Nach meinem Hörsturz war Musik grauenvoll. Ich habe mich fast nur noch zu Hause aufgehalten. Das CI hat mir den Weg zurück in die Kultur geöffnet.“ Heinz Kirchschlager, CI-Nutzer und Hörberater, ergänzt: „Die Musik war bei mir zum Erliegen gekommen. Das CI hat sie wieder aufgeweckt.“ Auch Hildegard Stoll, Hörpatin und langjährige Nutzerin eines Knochenleitungsimplantats, teilte ihre Perspektive: „Heute höre ich, von welcher Seite die Straßenbahn kommt. Ich kann im Chor selbstverständlich mitsingen – ohne immer darauf zu achten, wo ich stehe. Das ist für mich ein Stück Freiheit zurück.“ Doch nicht nur die persönliche Situation ist wichtig, sagt Hildegard Stoll. „Wir müssen auch aktiv werden, wenn wir etwas beobachten – und Menschen auf Möglichkeiten der Teilhabe hinweisen.

Dialog als Motor für Inklusion
Wolf Grünzweig, Behindertenbeauftragter der Stadt Innsbruck, brachte die Perspektive der strukturellen Inklusion ein. Er sagte: „Städtische Kulturorte werden zunehmend mit Induktionsschleifen, mobilen FM-Systemen und geschultem Personal ausgestattet, sodass Menschen mit unterschiedlichsten Hörtechnologien teilhaben können.“ Grünzweig berichtete aus seinem Alltag, wie Feedback von Besucher*innen direkt für Verbesserungen genutzt wird – zum Beispiel durch deutlich gekennzeichnete Kontaktpersonen und regelmäßige Akustik-Checks bei Vereinsabenden oder Stadtfesten. Besonders erfolgreich waren inklusive Projekte wie das letzte Innsbrucker Stadtfest, bei dem erstmals alle Bühnen barrierefrei ausgestattet waren und Gebärdensprachdolmetscher*innen das Programm begleiteten. „Wenn man den Mut hätte, Förderungen an Barrierefreiheit zu knüpfen, würde sich vieles bewegen“, so Mag. Wolf Grünzweig, „die Politik braucht Weitblick – denn das Thema wird größer werden.

Moderatorin und MED-EL Senior Projekt Managerin Carmen Kronawettleitner bedankte sich bei allen Teilnehmer*innen für die inspirierende Diskussion – ein Musterbeispiel dafür, wie Inklusion gelingen kann: im Zusammenspiel von Betroffenen, Selbsthilfegruppen, Kulturbetrieben und Verwaltung. Ihr Fazit: „Auch nach vielen Jahren in der Arbeit mit Nutzer*innen habe ich heute Neues gelernt und erlebt, wie unsere Hörimplantate kulturelle Teilhabe ermöglichen – ob im angeregten Gespräch oder beim Musizieren auf der Bühne.“ Die Runde war sich einig: Echte Inklusion entsteht, wenn Erfahrungsaustausch, technische Innovation und gesellschaftliches Engagement zusammenkommen.

Ein Appell – und ein Aufruf zum Handeln
Kulturelle Teilhabe darf kein Zufall sein – und kein Privileg. Sie muss geplant, ermöglicht und kommuniziert werden. Die Erfahrungen der Betroffenen zeigen: Mit der richtigen Unterstützung wird aus Stille wieder Klang – und aus Ausgrenzung echte Teilhabe. MED-EL ruft Kulturinstitutionen, Entscheidungsträger*innen und die Gesellschaft dazu auf, aktiv zu werden: Denn Zugang zu Kultur beginnt nicht mit Technik – sondern mit Haltung.

Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, wenn Konzerte und Kirchenbesuche zu den festlichen Traditionen gehören, sollte niemand ausgeschlossen werden. Barrierefreie Kultur ist schließlich ein Geschenk, das allen Freude bringt.

Für eine bessere kulturelle Teilhabe lassen sich aus der Podiumsdiskussion konkrete Schritte und Empfehlungen ableiten – für Kulturanbietende wie für Menschen mit Hörverlust:

  • Infrastruktur verbessern: Flächendeckender Einsatz von FM-Systemen und Induktionsschleifen, akustisch optimierte Räume, Integration barrierefreier Planung in Architekturstudiengänge.
  • Sensibilisierung und Schulung: Mitarbeitende in Kulturinstitutionen schulen, Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen und Hörpat*innen fördern.
  • Politische Rahmenbedingungen schaffen: Förderungen an Barrierefreiheit knüpfen, Anreizsysteme für inklusive Programme etablieren.
  • Sichtbarkeit und Empowerment: Barrierefreie Angebote klar kennzeichnen, Betroffene aktiv in die Planung einbeziehen.
  • Technische Hilfen frühzeitig anfragen: Induktionsschleifen, mobile Hörsysteme oder Apps rechtzeitig bei Veranstaltern einfordern, um Teilhabe sicherzustellen.
  • Bedürfnisse klar kommunizieren: Offen sagen, welche Unterstützung benötigt wird – von Untertiteln bis zur Sitzplatzwahl.
  • Barrierefreiheit ansprechen und Feedback geben: Veranstalter aktiv auf fehlende Angebote hinweisen und Rückmeldungen geben, um Verbesserungen anzustoßen.

 

Über MED-EL
MED-EL Medical Electronics, ein führender Hersteller von implantierbaren Hörlösungen, hat es sich zum vorrangigen Ziel gesetzt, Hörverlust als Kommunikationsbarriere zu überwinden. Das österreichische Familienunternehmen wurde von den Branchenpionieren Ingeborg und Erwin Hochmair gegründet, deren richtungsweisende Forschung zur Entwicklung des ersten mikroelektronischen, mehrkanaligen Cochlea-Implantats (CI) führte, das 1977 implantiert wurde und die Basis für das moderne CI von heute bildet. Damit war der Grundstein für das erfolgreiche Unternehmen gelegt, das 1990 die ersten Mitarbeiter aufnahm. Mittlerweile beschäftigt MED-EL mehr als 3.000 Personen aus 90 Nationen an 30 Standorten weltweit.
Das Unternehmen bietet die größte Produktpalette an implantierbaren und implantationsfreien Lösungen zur Behandlung aller Arten von Hörverlust; Menschen in 139 Ländern hören mithilfe eines Produkts von MED-EL. Zu den Hörlösungen von MED-EL zählen Cochlea- und Mittelohrimplantat-Systeme, ein System zur Elektrisch Akustischen Stimulation, Hirnstammimplantate sowie implantierbare und operationsfreie Knochenleitungsgeräte.www.medel.com 

Über Hearpeers
Hearpeers ist MED-ELs internationale Community für Menschen mit Hörimplantaten, für alle, die im Entscheidungsprozess für ein Hörimplantat sind, und für Familienmitglieder und Freund*innen von Implantat-Nutzer*innen oder Kandidat*innen für ein Hörimplantat.
Die sogenannten Hörpat*innen sind das Herz des Projekts – sie haben den Prozess hin zum Hörimplantat selbst erlebt und können die Fragen und Sorgen auf dem Weg nachvollziehen wie niemand sonst. Sie sind gut geschult und teilen gerne die Erfahrungen ihrer eigenen Reise zum Implantat, unterstützen andere auf ihrem Weg zum Hören und können nicht-medizinische Fragen zum Leben mit Cochlea-Implantat oder einem anderen Hörimplantat beantworten.
Das globale Hearpeers-Projekt begann 2015 mit nur einer Handvoll Hörpat*innen. In nur zehn Jahren ist es zu einem aktiven Netzwerk angewachsen, das mehr als 200 Hörpat*innen aus 40 Ländern umspannt. Auf der Hearpeers Website erfahren Sie mehr über dieses inspirierende Projekt. Man kann sich dort mit Hörpat*innen vernetzen und im Forum Kontakte knüpfen.


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